Vinho Verde: Quinta da Aveleda und Mateus
Beliebt und weltweit berühmt: Weingenuss aus dem grünen Norden Portugals!
Als spanische und portugiesische Seefahrer und Entdecker noch die Weltmeere eroberten, waren haltbare Weine wichtig. Nicht ohne Grund entstanden aufgespritete Likörweine wie der spanische Sherry, der portugiesische Madeira und legendäre Port mit seiner internationalen Erfolgsgeschichte. In der momentan endlos warmen Jahreszeit möchte ich mich aber viel lieber über die spritzig-elegante und süffige Alternative aus Portugals nördlichster Anbauzone (Vinho-Verde-Gebiet) unterhalten. Lassen Sie uns also gleich einen Flug in dieses geschichtsträchtige, schöne Land unternehmen!
Südlich der spanischen Grenze zum grünen, landwirtschaftlich geprägten Galizien wohnen zwischen Minho- und Dourofluss etwa 20% der portugiesischen Bevölkerung auf nur knapp 10% der Landesfläche. Klimatisch profitieren sie vom regenreichen, fruchtbaren Atlantikklima. In dieser kühleren Zone gedeihen leichtere, zart moussierende Tropfen mit eigenem Charme. Insbesondere der grüne Wein, der Vinho Verde, wird seit über 70 Jahren erfolgreich und reichlich angebaut. Das milde, salzige Klima gefällt auf Anhieb. Die reichlichen Weingüter (Quintas) lassen schnell erkennen, dass das Vinho-Verde-Gebiet den 13 DOC Appellationen, also qualitätskontrollierten Anbaugebieten, angehört. Nach Spanien, Italien und Frankreich stellt Portugal das viertgrößte Weinbauland der Erde dar, in dem man gut gekühlte und süffig erfrischende Weine genießt. Das Land kann zwar auf weit über 300.000 ha Rebfläche zurückgreifen, erzielt allerdings die geringsten Hektarerträge.
Im Schatten des legendären Port gelang es tüchtigen und besonders kreativen Winzerfamilien, aus uralten, einheimischen Rebsorten auf Granit-Unterlagen genussreiche Cuvées zu kreieren. Die erfolgreichsten werden mittlerweile weltweit von den zwei führenden Weinhäusern geschätzt: die halbtrockenen, leicht moussierenden Weine von Mateus und Casal Garcia. Mitten im Krieg ließ sich eine Absatzkrise beim Port kaum noch bewältigen. Der kreative Unternehmer Fernando van Zeller Guedes überzeugte einige Freunde, den Traubenüberfluss für einen unkomplizierten, aber genussreichen Rosé zu nutzen. Abgefüllt wurde der Wein in eine ungewöhnliche, aber attraktive Militär-Feldflasche. Diese mutige und kreative Entscheidung war ein Segen für alle Beteiligten. Millionen der patentierten, bauchigen Flaschen werden mittlerweile in 125 Ländern genossen. Den Vertrieb übernimmt das heute größte portugiesische Weinhandelshaus Sogrape Vinhos, das Fernando van Zeller 1942 ebenfalls gründete.
Nicht nur Jimy Hendrix, auch Königin Elisabeth II. hatte mit dem Mateus bald einen neuen Lieblingswein. Bis heute ziert das prächtige, nahe Vila Real liegende Schloss Mateus das berühmte Lable. Zum ersten Mal habe ich die elegante Flasche im Hamburger „Vier Jahreszeiten“ in der Hand gehalten. Zu einem festlichen Menü hat mich der einschmeichelnde Rosé voll begeistert. Das ist allerdings genau 31 Jahren her und der damalige Gastgeber erfreut sich im Alter von 91 Jahren bester Gesundheit. Zu Meeresfrüchten, Fischzubereitungen, Geflügel, Sushi, asiatischer Küche, Tapas sowie Salaten: Der Vinho Verde oder Rosé sind schnelle Problemlöser für eine passende Essensbegleitung. Vom erfrischenden Genuss auf der sommerlichen Terrasse ganz zu schweigen!
Eine weitere Attraktion stellt der Casal Garcia dar. Die wesentlich betagtere Quinta befindet sich seit 1671 im Besitz der Familie Guedes de Silva da Fonseca. Heute wird das Weingut mit Stammsitz Penafiel in 5. Generation geführt und bietet herrliche Weine aus vielen Appellationen Portugals an. Der weltweit umsatzstärkste Wein ist selbstverständlich der Vinho Verde Casal Garcia. Das auffällige Etikett erinnert an die typischen blauen Fliesen-Motive aus Portugal. Seitdem „Drink Pink“ verbreitet ist, ist der Wein auch als Rosé erhältlich und macht durch sein pinkes Etikett auf sich aufmerksam. Noch genau erinnere ich mich an Weinfreunde und Kollegen, die total beeindruckt vom Portugal-Besuch berichteten. Ergriffen erzählten sie von der total grünen, von verwachsenen Hecken, Gärten, romantischen Bauten und Museen versteckten Quinta. Jene einmalige touristische Attraktion Aveleda per Rundgang zu besichtigen, wäre eine Reise allein schon wert.
Seit im 2. Jhdt. vor Chr. die Römer bereits die ersten Weinreben eingesetzt haben, hat sich in dem günstigen Klima eine heimisch spezielle Sortenvielfalt entwickelt, wie sie weltweit kein zweites Mal anzutreffen ist. Die Portugiesen ernten und bauen Ihre heimischen Traubensorten im Wesentlichen nach dem Prinzip des Gemischten Satzes aus und verzichten auf den Einsatz weiterer internationaler Sorten. Sie bedienen sich ihres eigenen Schatzes heimischer Rebsorten, der über Generationen Hunderte von eigenständigen Ablegern erzeugt hat. Nach langer Erfahrung mit kunstvollen Paarungen und Cuvées gelingen in diesem unverwechselbaren Weinland außergewöhnliche Weine - auch ohne Nennung einzelner Rebsorten. Mittlerweile sind über 300 dieser Traubensorten als wesentliche heimische Basis registriert. In jedem Anbaugebiet dominiert eine solch unbekannte Rebe. Im Vinho-Verde-Gebiet sind es Loureiro, Arinto, Azal branco oder Trajadura bei den Weißweinen. Bei den Rot- und Roséweinen trifft man auf Tinta Roriz bzw. Aragonez, Tinta Barroca, Touriga Franca oder Nacional und Braga. Diverse dieser unaussprechlichen Trauben werden für jährlich etwa 75 Mio. Flaschen der geschilderten Markenweine Portugals und ihre gleichmäßige Qualität benötigt.
Probieren Sie doch auch einmal einen der erfrischenden Sommerweine! Danach können dann sicherlich den Werbespruch von Casal Garcia gut nachvollziehen:
Es lebe die Heiterkeit!